Das Struwwelpeter Museum – ein Haus voller Geschichten in Frankfurts neuer Altstadt.

Im September 2019 eröffnete das Struwwelpeter Museum in zwei schönen Fachwerkhäusern in der neuen Frankfurter Altstadt. Nach mehr als 40 Jahren im Frankfurter Westend befindet sich das Museum nun mit seiner interaktiven Ausstellung für jedes Alter am Hühnermarkt. Wenige hundert Meter von hier schuf der vielseitige Frankfurter Arzt Dr. Heinrich Hoffmann (1809-1894) in der Vorweihnachtszeit 1844 den Struwwelpeter für seinen dreijährigen Sohn Carl. Der weltbekannte Klassiker der Kinderliteratur wurde in mehr als 45 Sprachen übersetzt. Das Struwwelpeter Museum präsentiert sich modern und zeitgemäß auf der gut 600 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche und setzt einen Akzent in der „beschaulichen“ Altstadt.

In der ständigen Ausstellung sind Porträts, Briefe, Skizzen und Erstausgaben aus dem Nachlass von Heinrich Hoffmann zu sehen, die ihn als Autor und Illustrator, Psychiatriereformer, politisch interessierten Bürger, liebevollen Familienvater und überzeugten Frankfurter präsentieren. Seltene Buchexponate, Parodien, Kitsch und Kunst erzählen von der internationalen Verbreitung seines Bilderbuchs. Medienstationen bieten eine zusätzliche Ebene mit Bild- und Textinformationen zur Biedermeierzeit, zu den Hintergründen der Struwwelpeter-Geschichten, zur Psychiatriegeschichte sowie zu Hoffmanns politisch-literarischem Netzwerk mit Persönlichkeiten wie Ludwig Uhland oder Friedrich Hecker.

Nicht nur Kinder können in die zeitlosen Geschichten auf einem Spiele-Pfad eintauchen oder sie an den Geschichten-Inseln mit digitalen und Hands-on-Spielen entdecken. Die Theaterecke mit Kostümen zum Verkleiden bietet Gelegenheit für Selfies und eigene Kreativität. Auf einer Bühne im Veranstaltungsraum dürfen Kinder ihre Neuinszenierungen der alten Geschichten im Stegreiftheater präsentieren. Aktionstische mit Mal- und Bastelangeboten laden zum künstlerischen Ausprobieren ein.

Die Museumsgestaltung präsentiert den Struwwelpeter als lustig und lebendig, rebellisch und widerspenstig. Die Ausstellung zeigt Heinrich Hoffmann als vielfältig begabten, vielfach engagierten und humorvollen Menschen. Konzeptioneller Leitgedanke ist der Eindruck, den der Struwwelpeter bei allen hinterlässt. Dieses Motiv des „Eindruck-Hinterlassens“ ist auf das Prinzip des Herausstanzens übertragen: Durch im Raum freistehende „ausgestanzte“ Figuren, durch die ausgestanzten Vitrinen sowie Einschnitte jeglicher Art. Der Blick auf das Detail soll gestärkt werden, um eine neue Sichtweise auf die vermeintlich vertrauten Geschichten zu ermöglichen. Sichtbar wird so die Widerspenstigkeit der Figuren aus dem Struwwelpeter. Sie wirbeln die geordnete, brave Welt des Biedermeier kräftig durcheinander. Auch die Titel-Typografie sorgt durch den Schrift-typischen Mix aus geraden und kursiven Zeichen bzw. durch unterschiedliche Varianten für einzelne Buchstaben für Irritation. Figuren-Details ermöglichen Suchspiele („Was stammt aus welcher Geschichte?“) und Schiebespiele.

Das Heraustreten der Figuren aus dem biedermeierlichen Kinderbuch ist eindrucksvoll im Foyer inszeniert, das mit einer Stuckdecke sehr prächtig gestaltet ist. Hier kommen Struwwelpeter, Hanns Guck-in-die Luft und Paulinchen als große, leuchtende Figuren buchstäblich aus der Wand heraus, begrüßen die Besucher:innen und bieten lustige Fotomotive.

Die Figuren und die mit ihren Geschichten verbundenen zeitlosen, weltweit verständlichen Themen (z.B. Rebellion, Rassismus und Tierschutz) eignen sich gut für partizipative und interkulturelle Projekte. Zwei Flächen für Wechselausstellungen sorgen für ständig aktualisierte Verknüpfungen mit der Gegenwart. Auf der Galerie wird zeitgenössische Illustrationskunst aus aller Welt im Wechsel mit vom Struwwelpeter inspirierter Kunst gezeigt. In der zweiten Etage ist Raum für Wechselausstellungen zur Kulturgeschichte. Die aktuelle Schau „Struwwelpeter als Radikaler. Politische Karikaturen der Paulskirchen-Zeit“ beschäftig sich mit den revolutionären Wurzeln des Buches.

Ein Audioguide auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch, Japanisch und Koreanisch führt Besucher:innen polyglott durch das Museum. „Mit der Maus durchs Haus“ heißt der Extra-Audioguide für Kinder ab 6 Jahren.

Das Struwwelpeter Museum ist ein gemeinnütziger Inklusionsbetrieb, in dem Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen arbeiten. Der Museumsshop hält schöne Produkte bereit, von denen viele in Werkstätten für behinderte Menschen hergestellt wurden. So bewahrt das Museum nicht nur den materiellen Nachlass von Heinrich Hoffmann, auch das geistige Erbe des Psychiatriereformers findet seine moderne Fortsetzung.

„Der Schlingel hat sich die Welt erobert, ganz friedlich, ohne Blutvergießen“, freute sich Heinrich Hoffmann zufrieden am Ende seines Lebens. Nun erobert sich der ewig junge ungezogene Frankfurter Bub die Altstadt.

Bildnachweis: Struwwelpeter Museum – Fotograf: Uwe Dettmar

Kontaktdaten – Struwwelpeter Museum

Struwwelpeter Museum / Heinrich-Hoffmann-Museum
Hinter dem Lämmchen 2-4
60311 Frankfurt am Main
Tel.: +49 (0)69 94 94 767-400
Internet: https://www.struwwelpeter-museum.de
E-mail: info@struwwelpeter-museum.de

Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 11 – 18 Uhr

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